Der Arctic Circle Trail in Grönland – Besser wird’s nicht mehr… ?
Arctic Circle Trail Day 7: Von Kangerluarsuk Tulleq Hut bis Sisimiut (22 km)
Mein letzter Tag auf dem Arctic Circle Trail: Nur noch 22 Kilometer bis Sisimiut! Einerseits freute ich mich auf ein richtiges Bett und den Komfort einer grönländischen Kleinstadt mit richtiger Küche, Supermärkten und einfach etwas Erholung nach den anstrengenden sieben Tagen zu Fuß. Andererseits setzte bereits am Morgen schon etwas Wehmut ein; erst recht, nachdem mich gleich zu Beginn des Tages strahlender Sonnenschein weckte und alles um mich herum noch schöner erstrahlen ließ.
Anyway, ich packte ein letztes Mal in Ruhe meine Sachen zusammen, baute mein Zelt ab und ließ den Schweizern einen gehörigen Vorsprung, damit ich den abschließenden Teil ganz für mich allein hätte…zumindest niemanden sonst in Sichtweite. ?
Bevor ich aufbrach, entdeckte ich von Weitem eine gekrümmte, langsam wanderende Gestalt, die aus Richtung Sisimiut immer näher kam. Ich aß gemütlich mein Frühstück auf und genoss die ersten warmen Sonnenstrahlen, als nach einer gefühlten Ewigkeit ein mindestens Hundertjähriger (so sah er zumindest aus in seiner gekrümmten Haltung) mit schwerstbeladenem Rucksack zu mir heraufrief, wie er zur Hütte am See gelangte. Es war natürlich auch ein Deutscher! Ich konnte mir beim besten Willen nicht erklären, wie dieser alte Haudegen den Trail schaffen wollte. Sein Rucksack lastete extrem schwer auf seinem Rücken und wirkte so groß wie der Opa selber. Das waren mindestens 25 Kilogramm, was wiederum seine gekrümmte Haltung erklärte.
Ich zeigte ihm grob die Richtung und da war er schon wieder weg. Anstatt sich an meine Angaben zu halten und dem ausgetrampelten Pfad zu folgen, schlug er allerdings einen komplett anderen Weg ein: direkt mitten durch den matschigen, tiefen Sumpf auf geradem Weg hinunter zum See. Ich rief ihm noch hinterher, aber da war er anscheinend schon außer Hörweite… naja, viel Glück, alter Mann! Und Respekt dafür, sich von seinem hohen Alter nicht aufhalten zu lassen! Auf der anderen Seite hätte ihm eine bessere Vorbereitung für den Trail bestimmt nicht geschadet… ?
Um 10 Uhr lief ich dann auch endlich los. Und viel will ich über diesen Teil des Trails gar nicht schreiben, weil ich es in Worten gar nicht ausdrücken kann. Es war einfach der beste Tag meiner Wanderung, mit bestem Wetter und einfach wunderschöner Natur! Also lasse ich lieber die Bilder für sich sprechen…
Auf den letzten Kilometern hinein nach Sisimiut traf ich bereits erste Day Hiker. Und aus einiger Entfernung hörte ich die ersten Anzeichen der Zivilisation: das Heulen von Hunderten von grönländischen Schlittenhunden, die den Sommer über in Sisimiut in ihren Hundehütten verbrachten (wie man es wahrscheinlich artgerechter macht, erfahrt ihr in meinem ersten Artikel über die grönländischen Hundeinseln).
Ich hatte mir Sisimiut ehrlich gesagt etwas anders vorgestellt, vor allem nicht so laut! Aber vielleicht war mein Gehör von sieben Tagen Wildnis, Einsamkeit und Ruhe empfindlicher für die lauten Geräusche der zahlreichen Autos und Motorroller geworden. Für eine Stadt dieser Größe, die übrigens an keine andere Stadt angeschlossen ist, gab es einfach viel zu viel Verkehr!
Ich wanderte quer durch Sisimiut bis zur Jugendherberge, wo der überwiegende Teil der ACT-Hiker nach dem Trail absteigt. Hier empfing mich der gutgelaunte Däne Henrik und hieß mich herzlich willkommen.
Mein Abenteuer auf dem Trail war vorbei und ich feierte das „Event“ mit einer warmen Dusche, einem Zimmer ganz für mich alleine, der Stimme meiner Frau am Telefon nach sieben Tagen Abstinenz, Ruhe für mein geschundenes Knie und ein überragend gutes Essen im einzigen Restaurant der Stadt! Es braucht nicht viel, um glücklich zu sein! ?